Verkauf Ihrer deutschen Immobilie nach US-Umzug? Ein entscheidender Fehler, den Sie vermeiden müssen
Ihr Immobilienverkauf in Deutschland ist steuerfrei? Das sieht die IRS in den USA vielleicht anders. Hier sind die Fakten.

Für viele Deutsche, die in die USA ziehen, stellt sich Jahre später eine häufige Frage: Was sind die steuerlichen Konsequenzen, wenn ich meine Immobilie zu Hause verkaufe? Die meisten gehen von einer scheinbar logischen Annahme aus: Wenn der Verkauf nach mehr als zehn Jahren Besitz in Deutschland steuerfrei ist, dann ist die Angelegenheit erledigt.
Dies ist ein gefährlich unvollständiges Bild, das zu einer überraschenden und oft erheblichen Steuerrechnung vom IRS in den Vereinigten Staaten führen kann. Die Realität ist, dass der Verkauf einer deutschen Immobilie durch eine in den USA steuerlich ansässige Person ein komplexes Zusammenspiel aus drei Regelwerken ist: dem deutschen Steuerrecht, dem US-Steuerrecht und dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen beiden Ländern.
Mit der richtigen Planung und dem Verständnis der entscheidenden Regeln können Sie Ihre US-Steuerlast jedoch erheblich reduzieren oder sogar vollständig eliminieren.
Die deutsche Perspektive: Weitgehende Steuerfreiheit
Zuerst der einfache und positive Teil der Gleichung: das deutsche Steuerrecht.
Die 10-Jahres-Spekulationsfrist (§ 23 EStG)
Das deutsche Einkommensteuergesetz besagt, dass jeder Gewinn aus dem Verkauf einer privaten Immobilie 100% steuerfrei ist, wenn zwischen dem Kauf und dem Verkauf der Immobilie mehr als zehn Jahre liegen. Dies ist die sogenannte „Spekulationsfrist“.
Die Eigennutzungs-Ausnahme
Alternativ ist der Verkauf ebenfalls steuerfrei, wenn die Immobilie im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
Für die meisten langjährigen Immobilienbesitzer bedeutet dies, dass bei einem Verkauf null Euro Steuern an den deutschen Staat fällig werden. Dies führt zu der falschen Annahme, dass keine weiteren steuerlichen Konsequenzen bestehen.
Die US-Perspektive: Weltweites Einkommen und der "Step-Up"
Die USA verfolgen ein völlig anderes Prinzip: Sie besteuern ihre Einwohner (US-Bürger, Green-Card-Inhaber etc.) auf ihr weltweites Einkommen. Dazu gehört auch der Gewinn aus dem Verkauf eines Hauses in München, Berlin oder anderswo. Hier sind zwei entscheidende US-Regeln zu beachten:
Der entscheidende Paragraf: Artikel 13 (5) des DBA
Glücklicherweise enthält das Doppelbesteuerungsabkommen eine extrem vorteilhafte Regel. Für US-Steuerzwecke werden die Anschaffungskosten Ihrer Immobilie auf den Marktwert (Fair Market Value) an dem Tag „erhöht“, an dem Sie in den USA steuerlich ansässig wurden. Dieser Vorgang ist als Erhöhung der Anschaffungskosten (Step-Up in Basis) bekannt. Einfach ausgedrückt: Das IRS interessiert sich nur für die Wertänderung, nachdem Sie in die USA gezogen sind. Der gesamte Wertzuwachs davor wird für US-Steuerzwecke ignoriert.
Die "Principal Residence Exclusion" (§ 121 IRC)
Das US-Steuerrecht (Internal Revenue Code) bietet eine sehr großzügige Ausnahme für den Verkauf des Hauptwohnsitzes.
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Einzelpersonen können bis zu $250.000 des Gewinns von der Steuer ausschließen.
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Verheiratete Paare können bis zu $500.000 des Gewinns ausschließen. Voraussetzung ist, dass man die Immobilie in den letzten fünf Jahren vor dem Verkauf mindestens zwei Jahre besessen und als Hauptwohnsitz genutzt hat.
Wer darf besteuern? Die Logik des Doppelbesteuerungsabkommens
Dies ist der Punkt, der oft zu Verwirrung führt. Warum können die USA den Gewinn überhaupt besteuern, wenn die Immobilie doch in Deutschland liegt?
Artikel 13: Das primäre, aber nicht exklusive Besteuerungsrecht Deutschlands
Artikel 13 des DBA gibt dem Land, in dem die Immobilie liegt (dem „Belegenheitsstaat“, also Deutschland), das vorrangige Besteuerungsrecht. Viele interpretieren dies fälschlicherweise als ein alleiniges oder exklusives Recht. Das ist nicht korrekt. Es legt nur fest, dass Deutschland als erstes besteuern darf. Es verbietet dem anderen Staat (dem „Wohnsitzstaat“, also den USA) nicht, den Gewinn ebenfalls zu besteuern.
Die "Saving Clause": Warum die USA trotzdem besteuern dürfen
Hier kommt der entscheidende Mechanismus des US-Steuerabkommensrechts ins Spiel: die sogenannte "Saving Clause" (Ersparnisklausel), die sich in Artikel 1 findet. Diese Klausel besagt im Wesentlichen, dass die USA sich das Recht vorbehalten, ihre eigenen Staatsbürger und Einwohner so zu besteuern, als ob das Abkommen gar nicht existieren würde. Es gibt nur wenige Ausnahmen von dieser mächtigen Klausel, und Artikel 13 (Gewinne aus Immobilien) gehört nicht dazu. Diese Klausel ist der rechtliche Anker, der es den USA erlaubt, ihr weltweites Einkommensprinzip auf Sie anzuwenden, unabhängig davon, was andere Artikel sagen.
Artikel 23: Die Vermeidung der Doppelbesteuerung
Der eigentliche Zweck des Abkommens ist nicht, die Besteuerung in den USA zu verhindern, sondern eine echte Doppelbesteuerung (also die volle Besteuerung in beiden Ländern) zu vermeiden. Dies geschieht durch den Foreign Tax Credit (FTC). Steuern, die Sie in Deutschland auf den Gewinn zahlen, können Sie auf Ihre US-Steuerschuld anrechnen. Da die Steuer in Deutschland aber in den meisten Fällen null ist, gibt es auch nichts anzurechnen, und die US-Steuer greift in voller Höhe (auf den nach dem "Step-Up" berechneten Gewinn).
In der Praxis: Ein detailliertes Rechenbeispiel
Folgen wir einer fiktiven Person, Klaus:
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2008: Klaus kauft eine Wohnung in Köln für 200.000 €.
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2020: Er zieht in die USA. An diesem Tag wird der Marktwert seiner Wohnung von einem Gutachter auf 500.000 € geschätzt. Dies sind seine neuen „Anschaffungskosten“ für das IRS.
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2022: Klaus investiert 15.000 € in eine brandneue Küche. Dies ist eine werterhöhende Investition.
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2025: Klaus verkauft die Wohnung für 550.000 €.
Steuerberechnung:
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Deutsche Steuer: Der Gewinn beträgt 350.000 € (550.000 € - 200.000 €). Da er die Immobilie über 10 Jahre besaß, beträgt seine Steuer in Deutschland 0 €.
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US-Steuer:
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US-Anschaffungskosten (Wert bei Umzug): 500.000 €
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Plus werterhöhende Investition (Küche): + 15.000 €
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Angepasste US-Anschaffungskosten: 515.000 €
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Verkaufspreis: 550.000 €
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Steuerpflichtiger Gewinn für die USA: 35.000 €
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Anwendung des Freibetrags: Der Gewinn von 35.000 € liegt weit unter dem Freibetrag von $250.000 (§ 121). Klaus erfüllt den Zwei-aus-fünf-Jahren-Test. Seine finale Steuerschuld in den USA beträgt somit ebenfalls 0 €.
Strategien zur vollständigen Steuervermeidung
Strategie 1: Der Königsweg - Verkauf vor dem Umzug
Der sauberste, einfachste und garantierteste Weg, dieses ganze Problem zu umgehen, ist, Ihre Immobilie zu verkaufen, bevor Sie umziehen und in den USA steuerlich ansässig werden. In diesem Fall sind Sie kein US-Steuerzahler, und die Transaktion liegt vollständig außerhalb der Zuständigkeit des IRS.
Strategie 2: Der Plan B - Verkauf nach dem Umzug
Wenn Sie nach dem Umzug verkaufen müssen, folgen Sie diesen Schritten:
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Unverzichtbar: Das Wertgutachten zum Umzugszeitpunkt. Beauftragen Sie einen zertifizierten Gutachter, ein formelles Wertgutachten für Ihre Immobilie zu erstellen, das den Marktwert am Tag Ihres Umzugs festlegt. Ohne diesen Beweis kann das IRS Ihre viel niedrigeren ursprünglichen Anschaffungskosten ansetzen.
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Gewinn minimieren: Anrechnung von Investitionskosten. Sammeln Sie alle Belege für werterhöhende Investitionen (neues Dach, Badsanierung, Anbauten etc.), die nach Ihrem Umzug getätigt wurden. Diese erhöhen Ihre angepassten Anschaffungskosten und senken den steuerpflichtigen Gewinn.
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Steuer eliminieren: Nutzung des § 121-Freibetrags. Planen Sie den Verkauf so, dass Sie den Zwei-aus-fünf-Jahren-Nutzungstest erfüllen, um den verbleibenden Gewinn mit dem großzügigen US-Freibetrag zu eliminieren.
Fazit und professionelle Beratung
Die korrekte Anwendung dieser Regeln, insbesondere die Dokumentation des „Step-Up“, die Abgrenzung von Investitionskosten und die Erfüllung der Kriterien für den US-Freibetrag, ist komplex und entscheidend für den steuerlichen Erfolg. Ein Fehler kann zu unerwarteten und hohen Nachzahlungen an das IRS führen.
Das Team der Kanzlei Mount Bonnell ist auf deutsch-amerikanisches Steuerrecht spezialisiert und unterstützt Sie dabei, Ihren Immobilienverkauf optimal zu strukturieren und teure Fehler zu vermeiden. Kontaktieren Sie uns für eine umfassende Beratung, bevor Sie den Verkaufsprozess einleiten.