Trumps neues Paket-Gesetz: Das Ende der De-minimis-Regel und die Folgen für europäische Unternehmen
Das Ende der 800$-Zollfreigrenze in den USA ist da. Wir zeigen, warum der Direktversand aus Europa jetzt unrentabel wird.

Am 29. August 2025 tritt in den USA eine Entscheidung in Kraft, die den internationalen Handel auf den Kopf stellen wird: Die Abschaffung der De-minimis-Regelung. Jahrzehntelang konnten kleine Sendungen aus dem Ausland – bis zu einem Wert von zuletzt 800 US-Dollar – ohne Zoll und ohne großen bürokratischen Aufwand in die Vereinigten Staaten eingeführt werden. Das war ein Segen für Konsumenten und für kleine wie große Händler aus aller Welt.
Mit einem Federstrich ist damit nun Schluss. Präsident Trump hat mit seiner Executive Order einen der letzten echten Vorteile des globalen Onlinehandels abgeschafft. Künftig wird jedes Paket, egal ob es ein handgefertigtes Schmuckstück aus Italien, ein Designerpullover aus Deutschland oder eine Packung Gourmet-Kaffee aus Brasilien ist, wie ein regulärer Import behandelt – mit allen Kosten, Formalitäten und Risiken.
Die unmittelbaren Folgen für europäische Unternehmen, die in den USA verkaufen, sind gewaltig. Doch die entscheidende Frage lautet: Wie reagiert man darauf strategisch? Macht es noch Sinn, weiterhin direkt aus Europa zu versenden? Oder führt kein Weg mehr daran vorbei, eine US-Präsenz mit Lager und Gesellschaft aufzubauen?
Die historische Rolle der De-minimis-Regel
Um zu verstehen, wie dramatisch die neue Lage ist, muss man sich die Bedeutung der bisherigen Regelung vor Augen führen. Seit 1938 gab es in den USA eine Bagatellgrenze für Kleinsendungen. Ursprünglich lag sie bei winzigen 1 US-Dollar, später wurde sie schrittweise angehoben. 2016 setzte die Obama-Administration den Wert schließlich auf 800 US-Dollar fest – ein weltweit sehr großzügiger Schwellenwert.
Das Ergebnis: ein Boom im E-Commerce. Europäische Start-ups, kleine Manufakturen und mittelständische Betriebe konnten ohne großen Aufwand direkt an amerikanische Endkunden verkaufen. Für die US-Behörden war es eine Entlastung – man sparte sich Millionen aufwändiger Zollverfahren für Kleinstsendungen. Für Konsumenten war es eine Einladung, weltweit einzukaufen.
Genau dieses Modell wird nun zerschlagen.
Die neue Realität: Zölle, Pauschalen, Bürokratie
Ab dem 29. August 2025 gilt: Jede Sendung aus Europa unterliegt den vollen Einfuhrzöllen und Formalitäten. Die Umsetzung erfolgt in zwei Stufen:
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Übergangsphase bis Februar 2026: Für Pakete, die über Postdienste wie die Deutsche Post, La Poste oder Royal Mail verschickt werden, greifen hohe Pauschalen:
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Bis 16 % Zollsatz: 80 Dollar pro Paket.
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16–25 %: 160 Dollar.
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Über 25 %: 200 Dollar.
Das bedeutet: Schon ein 20-Euro-T-Shirt kann den Empfänger über 100 Dollar kosten.
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Ab März 2026: Dann gilt das volle Zollsystem. Jede Sendung muss nach Zolltarifnummer deklariert und mit allen Formalitäten abgewickelt werden. Händler müssen Rechnungen beilegen, Ursprungsland korrekt angeben und im Zweifel langwierige Abfertigungen in Kauf nehmen.
Das ist nicht nur eine Kostenfrage. Es bedeutet auch: längere Lieferzeiten, erhöhte Retourenquoten und eine massive Verunsicherung der Kunden, die nicht mehr wissen, wie viel ihr Einkauf am Ende tatsächlich kostet.
Offizielle Begründung: Sicherheit oder Vorwand?
Das Weiße Haus argumentiert, die De-minimis-Regel sei ein Schlupfloch für Fentanyl-Schmuggel. In Wahrheit zeigen alle Statistiken, dass die große Mehrheit der Fentanyl-Lieferungen über Mexiko kommt – nicht über Kleinsendungen aus Europa oder Asien.
Der eigentliche Grund liegt auf der Hand: Protektionismus. Trump will Importe teurer machen, um heimische Produzenten zu stärken und den Handelsbilanzsaldo zu verbessern. Dass am Ende die amerikanischen Konsumenten und Millionen kleiner Unternehmen weltweit die Zeche zahlen, wird in Kauf genommen.
Für europäische Unternehmer ist das ein Rückschlag, aber auch ein Weckruf: Wer weiterhin am US-Markt teilnehmen will, muss umdenken.
Konsequenzen für europäische Unternehmen
Die neuen Regeln treffen vor allem kleine und mittelständische Exporteure. Während Konzerne mit US-Tochtergesellschaften die Abwicklung schon heute professionell organisieren, haben viele kleine Betriebe ihre Ware bisher schlicht aus Europa verschickt.
Ein Beispiel:
Eine kleine Schmuckwerkstatt in Wien verkauft über Etsy Halsketten für 70 Euro. Bisher gingen diese problemlos in die USA. Ab Ende August bedeutet jede einzelne Sendung mindestens 80 Dollar Zusatzkosten – fast mehr als der Wert der Ware.
Oder ein deutsches Start-up für nachhaltige Kleidung, das über den eigenen Online-Shop in die USA liefert. Bei einem Hoodie für 120 Euro kommen künftig Zoll, Bearbeitungsgebühren und gegebenenfalls Einfuhrumsatzsteuer hinzu. Viele amerikanische Kunden werden abwinken.
Das Ergebnis: Der direkte Versand aus Europa verliert massiv an Attraktivität.
Strategische Optionen: Wie reagieren?
Die zentrale Frage lautet nun: Was tun? Unternehmen stehen vor einer Weichenstellung. Im Wesentlichen gibt es drei Szenarien:
1. Weiterhin Versand aus Europa
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Vorteil: Kein großer Strukturumbau, bestehende Abläufe bleiben bestehen.
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Nachteil: Drastisch höhere Kosten, steigende Retouren, schrumpfende Kundschaft.
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Fazit: Nur noch sinnvoll für hochpreisige, exklusive Produkte, bei denen Kunden bereit sind, Zoll und Gebühren in Kauf zu nehmen.
2. Konsolidierter Versand / Bulk-Shipment
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Möglichkeit: Mehrere Bestellungen werden gebündelt in ein Paket und in den USA von einem Dienstleister aufgeteilt.
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Vorteil: Zölle fallen nur einmal auf die Gesamtsendung an.
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Nachteil: Komplexe Logistik, Abhängigkeit von Fulfillment-Partnern, oft unflexibel.
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Fazit: Für bestimmte Händler interessant, aber keine dauerhafte Lösung für den Massenmarkt.
3. Aufbau einer US-Präsenz
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Kernidee: Statt jedes Paket einzeln einzuführen, werden Waren in größeren Mengen in die USA exportiert, dort verzollt und in einem Lager oder Fulfillment-Center vorgehalten.
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Vorteil: Zölle werden nur einmal beim Import fällig, danach läuft die Belieferung der US-Kunden wie ein Inlandsgeschäft.
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Nachteil: Initiale Kosten für Lager, Personal oder einen Partner. Rechtliche Fragen wie Gesellschaftsgründung, Steuern und Haftung müssen geklärt werden.
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Fazit: Die strategisch beste Lösung für alle, die den US-Markt ernsthaft bedienen wollen.
US-Entity als Ausweg
Viele europäische Unternehmen werden nicht umhinkommen, über die Gründung einer US-Gesellschaft nachzudenken. Eine solche Struktur bringt mehrere Vorteile:
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Vereinfachte Zollabwicklung: Ware wird einmal in die USA eingeführt und verzollt. Danach gilt sie als inländisch.
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Kundennähe: Schnellere Lieferzeiten, keine bösen Überraschungen bei der Zustellung.
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Professionalisierung: Eine US-Gesellschaft signalisiert Kunden und Geschäftspartnern Verlässlichkeit und ermöglicht Zugang zu lokalen Bankkonten, Zahlungsdienstleistern und sogar zu US-Kreditkarten.
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Steuerliche Vorteile: Mit der richtigen Struktur – z. B. einer LLC oder Corporation – lassen sich steuerliche Belastungen optimieren.
Natürlich ist dies kein Schritt, den man leichtfertig geht. Aber angesichts der neuen Zölle könnte es der einzige Weg sein, den US-Markt weiterhin profitabel zu bedienen.
Europa im Spiegel: Droht die gleiche Entwicklung?
Auch die EU liebäugelt mit einer Abschaffung oder zumindest Einschränkung der De-minimis-Regel. Zwar sind die Pläne weniger radikal, doch die Tendenz ist dieselbe: Mehr Regulierung, mehr Abgaben, weniger Freihandel.
Die Diskussion über eine 2-Euro-Paketgebühr ist nur ein Vorgeschmack. Gleichzeitig zwingt Brüssel Händler, immer komplexere Vorschriften zu erfüllen – von Umweltauflagen bis zu komplizierten Kennzeichnungspflichten.
Das zeigt: Der Trend geht eindeutig in Richtung neuer Handelsbarrieren. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass globaler E-Commerce künftig nicht mehr so frei und einfach funktionieren wird wie bisher.
Fazit: Zeitenwende im Welthandel
Die Abschaffung der De-minimis-Regel in den USA ist kein Detail, sondern eine Zeitenwende. Sie verändert die Spielregeln für den internationalen Handel – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen in Europa.
Wer weiterhin erfolgreich in den USA verkaufen möchte, muss jetzt handeln: Preisgestaltung anpassen, Logistik neu denken, US-Strukturen aufbauen.
Die gute Nachricht: Mit der richtigen Strategie ist der US-Markt auch weiterhin erreichbar. Doch die goldenen Zeiten des unkomplizierten Versands aus Europa sind vorbei.
Beratung durch Kanzlei Mount Bonnell
Wenn Sie als europäischer Unternehmer den US-Markt auch nach dem Ende der De-minimis-Regel erschließen oder halten möchten, stehen wir Ihnen zur Seite. Wir beraten Sie zu Fragen wie:
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Soll ich weiterhin aus Europa versenden oder besser eine US-Präsenz aufbauen?
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Welche Gesellschaftsform eignet sich für mein Geschäftsmodell – LLC, Corporation oder eine hybride Struktur?
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Wie lassen sich Zölle und Steuern minimieren, ohne rechtliche Risiken einzugehen?
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Welche logistischen Lösungen gibt es, um Fulfillment und Kundenservice vor Ort sicherzustellen?
Unsere Kanzlei begleitet seit vielen Jahren deutsche, österreichische und Schweizer Unternehmer beim Eintritt in den US-Markt. Mit unserer Erfahrung in Handelsrecht, Steuerrecht und Unternehmensstrukturierung helfen wir Ihnen, die richtigen Entscheidungen zu treffen – und Ihr Geschäft gegen die neuen Handelsbarrieren abzusichern.