Der Delaware Flip: Warum sich ausländische Unternehmen in den USA neu gründen

Was Sie zur Einbringung eines Nicht-US-Unternehmens in eine Delaware-Holdingstruktur wissen müssen

Perspektive Ausland Podcast: So flippen Startups mit US VCs Ihre GmbH nach Delaware

Vor kurzem widmeten wir eine Folge unseres beliebten Podcasts Perspektive Ausland dem Delaware Flip. Hören Sie jetzt rein.

 

Ein ausländisches Unternehmen kann sich aus verschiedenen Gründen für eine neue Delaware-Holdinggesellschaft entscheiden:

  • Die Vereinigten Staaten sind nach wie vor der wichtigste Markt für Risikokapital und andere private Finanzierungsquellen.
  • Einige der weltweit führenden Aktienmärkte befinden sich in den Vereinigten Staaten. Ein IPO und eine Börsennotierung an der NYSE oder NASDAQ liefern in der Regel Zugang zu mehr Kapital und Liquidität.
  • Ein Verkauf an US-Investoren wird oft als ideale „Exit-Strategie“ angesehen. Eine Neugründung in den USA kann den Verkauf erleichtern.
  • Der Verkauf von Produkten durch US-Unternehmen an US- oder ausländische Unternehmen ist einfacher als ein Verkauf durch ausländische Unternehmen.

Durch eine US-Holdinggesellschaft wird jedes dieser Ziele erreicht. Infolgedessen entscheiden sich immer mehr Nicht-US-Unternehmen – auch solche, die derzeit nur geringfügig oder gar nicht in den USA tätig sind – für die Gründung einer Delaware-Holdinggesellschaft, häufig in Verbindung mit Private-Equity-, Risikokapital- oder anderen privaten Finanzierungsrunden.

Warum eine US-Gesellschaft?

Im Laufe der Jahre haben Private-Equity- und Venture-Capital-Firmen in den USA viel Zeit und Mühe in die Entwicklung von Standards für das komplexe Geflecht der mit ihren Investitionen verbundenen Dokumentation investiert. Private-Equity- und Risikokapitalgesellschaften in den USA fühlen sich im Allgemeinen auch am wohlsten mit den gesellschaftsrechtlichen Mechanismen, die einer US-Gesellschaft zur Verfügung stehen. Sie verstehen beispielsweise, wie die Rechte von Vorzugsaktien nach US-Gesellschaftsrecht strukturiert werden können.

Darüber hinaus glauben viele Risikokapital- und Private-Equity-Firmen, dass eine US-Gesellschaft vorteilhaftere Möglichkeiten für einen Exit bietet, entweder durch einen M&A oder IPO. Die Gründe lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die öffentlichen Märkte in den USA bleiben für Investoren weiterhin attraktiv. Zwar können sich auch Nicht-US-Unternehmen an den US-Märkten listen lassen, doch kann das Verfahren teurer und aufwendiger sein als die Notierung eines US-Unternehmens. Darüber hinaus ist es einigen institutionellen US-Anlegern untersagt, Wertpapiere von Nicht-US-Unternehmen zu kaufen. Außerdem argumentieren Investmentbanker und Risikokapitalfirmen häufig, dass die Notierung eines US-Unternehmens an der NASDAQ dem Unternehmen und Anlegern zahlreiche Vorteile bringen kann, darunter eine höhere Bewertung und mehr Liquidität (was es den Anlegern wiederum ermöglicht, das Unternehmen mit weniger Nachteilen zu verlassen). Einige Marktteilnehmer sind der Meinung, dass dieser „Heimvorteil“ ein Hauptgrund für die geringeren Renditen von ausländischen Risikokapitalfonds im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Pendants sein könnte.
  • Viele potenzielle Investoren sind in den USA ansässig und sind daher im Regelfall mit den Mechanismen und der Strukturierung eines US-Zielunternehmens besser vertraut.

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Warum eine Delaware Corporation?

In den USA wird das Gesellschaftsrecht von den einzelnen Bundesstaaten geregelt. Der Bundesstaat Delaware hat eines der ausgefeiltesten, umfassendsten und angesehensten Rechtssysteme in den USA. Daher ist Delaware die bevorzugte Rechtsordnung für Investoren, die bei komplexen Transaktionen Vorhersehbarkeit und Sicherheit suchen. Aus diesem Grund sind die meisten der bekanntesten US-Unternehmen in Delaware eingetragen.

Einige Bestimmungen des Gesellschaftsrechts von Delaware erleichtern sowohl das Tagesgeschäft als auch wichtige Ereignisse, wie folgende Beispiele verdeutlichen:

  • Die Aktionäre einer Delaware-Gesellschaft können durch schriftliche Zustimmung mit einfacher Mehrheit handeln, während in vielen anderen Rechtsordnungen Einstimmigkeit oder eine sogenannte „Super-Mehrheit“ erforderlich ist.
  • Eine Delaware-Gesellschaft kann eine gesetzlich festgelegte Fusion mit der Zustimmung einer einfachen Mehrheit der Aktionäre durchführen. Die Gewissheit, eine unzufriedene Minderheit überstimmen zu können, kann ein Zielunternehmen in Delaware für potenzielle Investoren attraktiver machen. Ebenso kann ein Unternehmen nach Delaware-Recht mit der Zustimmung einer einfachen Mehrheit (fast) alle Vermögenswerte verkaufen.

Vor allem aber können Delaware-Unternehmen und ihre Investoren auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz bei der Strukturierung von Finanzierungs- und Corporate-Governance-Vereinbarungen zurückgreifen, z. B. wenn es um die Bedingungen für Vorzugsaktien und Stimmrechte der Investoren geht – und dies mit großer Vorhersehbarkeit und Sicherheit.

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So funktioniert’s

Der Wechsel von einer ausländischen Gesellschaft zu einer Delaware Corporation erfolgt in der Regel durch einen Aktientausch zwischen der neu gegründeten Delaware-Gesellschaft und den Aktionären der ausländischen Gesellschaft. Nach diesem Tausch entspricht der Aktienbesitz der Delaware Corporation dem vorher bestehenden Aktienbesitz der Nicht-US-Gesellschaft. Die Nicht-US-Gesellschaft ist anschließend eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Delaware Corporation. Darüber hinaus werden alle ausstehenden Optionen auf Aktienkäufe der Nicht-US-Gesellschaft gegen Optionen auf Aktienkäufe der neuen Delaware-Muttergesellschaft ausgetauscht.

Steuerliche Überlegungen

Die potenziellen steuerlichen Folgen einer Umwandlung sind sehr komplex und müssen sorgfältig analysiert und berücksichtigt werden. Sowohl ein Unternehmen als auch die Aktionäre sollten sich vor dem Flip ausführlich von Steuerexperten beraten lassen.

Soweit es möglich ist, sollte eine ordnungsgemäß strukturierte Umwandlung sowohl für das nicht-amerikanische Unternehmen als auch für seine bestehenden Aktionäre (und Optionsinhaber) steuerneutral sein. Die bestehenden Steuervorteile, von denen das nicht-amerikanische Unternehmen und seine Aktionäre (und Optionsinhaber) profitieren, sollten erhalten bleiben (z. B. der „Übertrag“ der Haltefristen und der ursprünglichen Kostenbasis zum Zwecke der Kapitalgewinnsteuer).

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Steuerlicher Sitz der US-Gesellschaft

Nach einem Flip ist die Delaware Corporation eine Holdinggesellschaft ohne Geschäftstätigkeit. Ihr einziger Vermögenswert besteht (zumindest anfangs) aus 100% des Aktienkapitals der Nicht-US-Gesellschaft. Im Laufe der Zeit kann es für das Unternehmen von Vorteil sein, einige oder alle bestehenden Geschäfte direkt über die Muttergesellschaft in Delaware abzuwickeln.

Mögliche Nachteile

Die Struktur einer Delaware-Holdinggesellschaft bietet sowohl potenzielle Vorteile als auch potenzielle Nachteile. Zu den möglichen Fallstricken gehören:

  • Die steuerlichen Auswirkungen sind komplex und erfordern eine detaillierte Analyse. Die Nichteinhaltung dieser sehr spezifischen Regeln und Anforderungen könnte zum Verlust wertvoller Steuervorteile führen oder andere nachteilige Folgen nach sich ziehen.
  • Durch die Gründung einer Muttergesellschaft in Delaware kann das Unternehmen dem Risiko von Rechtsstreitigkeiten in den USA zu einem früheren Zeitpunkt ausgesetzt werden, als dies sonst der Fall wäre. Ohne Präsenz in den USA könnte das Risiko eines Rechtsstreits in den USA geringer ausfallen.
  • Entscheidet sich das Unternehmen letztlich für eine Notierung an einer ausländischen Börse, kann die Schaffung einer Delaware-Holdingstruktur die Einhaltung von Rechtsvorschriften erheblich erschweren. Insbesondere unterliegt das Unternehmen den US-Wertpapiergesetzen und kann Wertpapiere nur auf der Grundlage einer wirksamen Registrierungserklärung bei der US-Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission) oder auf der Grundlage einer Ausnahme von dieser Registrierungspflicht ausgeben.

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Flippen oder nicht?

Die Gründung einer neuen Delaware-Holdinggesellschaft ist ein bedeutendes unternehmerisches Unterfangen und erfordert einen erheblichen Zeitaufwand für das Management und die Anteilseigner sowie die Mitwirkung von Rechts-, Buchhaltungs- und Steuerberatern. Der Prozess wird später im Leben eines Unternehmens immer komplexer, da die Kapitalstruktur und die Geschäftsbeziehungen ebenfalls komplizierter werden. Das Managementteam eines Unternehmens ist deshalb gut beraten, bereits in den frühen Phasen des Finanzierungszyklus zu überlegen, ob ein Delaware Flip für das Unternehmen sinnvoll ist. Trotz der Hürden kann der Flip ein vielversprechender Weg zu einer neuen Finanzierung und einer langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes darstellen.

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