Prospektpflicht von US-Unternehmen in der EU

US-Unternehmen, die in der EU Kapital durch öffentliche Angebote aufnehmen oder Wertpapiere zum Handel an regulierten Märkten zulassen möchten, müssen Anlegern einen Prospekt zur Verfügung stellen. 

Wie die Unternehmen gegebenenfalls dieser Pflicht nachzukommen haben, ist durch exakte Bestimmungen durch den Gesetzgeber festgelegt. 

Dass es solch genaue Bestimmungen gibt, liegt nicht zuletzt an den vielen Finanzskandalen der vergangenen Jahrzehnte, durch die sich die EU-Länder genötigt sahen, den Anlegerschutz massiv zu stärken. Dies führte dazu, dass die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Prospektpflicht in der EU in den letzten Jahren mehrfach geändert bzw. angepasst wurden. Natürlich hatte das wiederum zur Folge, dass die jeweils aktuelle Gesetzeslage oft unübersichtlich war und ist.

Aus obigem ergibt sich, wie wichtig es ist, dass sich jeder Neu-Emittent aus den USA eingehend über seine mögliche Prospektpflicht informieren sollte. Dabei ist unbedingt anzuraten, sich rechtzeitig vor der Einwerbung des Kapitals anwaltlich beraten zu lassen. Und zwar von einem Fachanwalt aus dem Land, in dem Sie das Kapital einwerben wollen!

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Gilt beim Prospekt US-Recht oder EU-Recht?

Zu einer der ersten Fragen, die sich einem Neu-Emittenten stellen, gehört sicher die, nach dem Recht welchen Landes bei der Prospektpflicht verfahren wird. Ist es das Land, in dem der Emittent seinen Sitz hat (also in diesem Fall die USA) oder das des Landes, in dem er seine Wertpapiere verkaufen möchte? 

Hier gilt das Prinzip, dass die Gesetze und Vorschriften des Landes gelten, in dem das Kapital eingeworben werden soll. 

Im Falle der EU gelten für die Mitgliedsländer weitgehend einheitliche Regeln, die in der EU-Prospektverordnung festgelegt sind. Es gibt allerdings gewisse Spielräume, die es den einzelnen Mitgliedsstaaten ermöglichen, die Verordnung ihren jeweiligen nationalen Gegebenheiten anzupassen.

Im Folgenden werden wir uns aus Gründen der Einfachheit auf die EU-Prospektverordnung in Ihrer deutschen Implementierung beziehen. Wie gesagt - für andere EU-Länder gelten sinnhaft die gleichen Regelungen mit nationalen Detail-Ausprägungen.

Wenn Sie nun, nach fachanwaltlicher Beratung, zu dem Ergebnis gekommen sind, dass ein Wertpapierprospekt notwendig ist, und Sie es erstellt haben, müssen Sie es noch bei einer Finanzaufsichtsbehörde genehmigen lassen. 

Dabei ist es zumindest innerhalb der EU und auch des EWR ggf. unerheblich, ob es die Finanzaufsichtsbehörde des Landes ist,

  • aus dem das emittierende Unternehmen kommt,
  • in dem die Wertpapiere verkauft werden sollen oder
  • an dessen Börse das Unternehmen geht.

Das liegt daran, dass die anderen betroffenen Behörden im Rahmen des sogenannten EU-Passporting von der genehmigenden Behörde informiert werden.

Während sich eine EU-Emittentin also nur begrenzt aussuchen kann, bei welcher Finanzaufsichtsbehörde ein Prospekt eingereicht wird (es ist der Sitzstaat), so hat man als US-Unternehmen und somit als Unternehmen aus einem Drittstaat den Vorteil, dass man sich einen EU-Staat aussuchen kann, wo ein Prospekt erstellt und bei der Finanzaufsicht eingereicht wird. Das gleiche gilt im übrigen auch für die UK PLC.

Ein großer Vorteil ist dann, dass ein Prospekt, der in einem EU-Land genehmigt wurde, per EU-Passporting in der ganzen EU verwendet werden kann (auch hier sind aber ggf. Meldepflichten bzw. Informationspflichten an die lokale Finanzaufsicht zu beachten).

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Öffentlich oder nicht  - das ist die entscheidende Frage

Wie bereits eingangs erwähnt, ist eine Prospektpflicht nur bei öffentlichen Angeboten Pflicht. Entsprechend unterliegen nicht-öffentliche Angebote auch nicht der Prospektpflicht.

Was nun ein solches öffentliches Angebot ist, wird in § 2 Nr. 4 WpPG definiert. Dieses besagt u.a., dass es sich schon dann um ein öffentliches Angebot handelt, wenn „ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere an das Publikum dergestalt mitgeteilt werden, dass ein Anleger in die Lage versetzt wird, über den Kauf oder die Zeichnung dieser Wertpapiere zu entscheiden.“ 

Und zwar unabhängig von der Anzahl der angesprochenen Anleger, denn es kommt darauf an, ob sich das Wertpapier-Angebot an einen unbestimmten bzw. unbegrenzten Personenkreis richtet. Das bedeutet, dass es von der Kommunikation mit den Anlegern abhängt, ob ein Angebot von Wertpapieren öffentlich ist. Zudem kommt es für das Vorliegen eines öffentlichen Angebots darauf an, ob der Kaufgegenstand, der Preis(-rahmen), der Lieferzeitpunkt und die Valuta, also die wesentlichen Vertragsbestandteile, der Öffentlichkeit mitgeteilt werden.

ACHTUNG „Werbefalle“! Unternehmenspräsentationen, Ankündigungen und auch Werbungen, welche die oben genannten Informationen ganz oder teilweise enthalten, können bereits als öffentliches Angebot im Sinne des WpPG interpretiert werden und damit die Prospektpflicht auslösen!

Es liegt spätestens dann ein öffentliches Angebot vor, wenn ein Emittent einem unbestimmten und unbegrenzten Personenkreis eine Zeichnungsmöglichkeit bietet und der Ausgabepreis angegeben wurde. Im Falle einer Anleihe gilt Analoges für die Angabe der Verzinsung.

Ein Wertpapierprospekt ist auch dann verpflichtend zu erstellen, wenn Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen, auch unabhängig davon, ob sie öffentlich angeboten werden oder nicht. Was unter einem organisierten Markt zu verstehen ist, steht im § 2 Nr. 16 WpPG.

Unter bestimmten Voraussetzungen unterliegen auch Emissionen von Wandelschuldverschreibungen der Prospektpflicht. Dieses Thema ist allerdings sehr komplex und Sie sollten diesbezüglich unbedingt einen entsprechenden Fachanwalt konsultieren, zu dem wir gerne den Kontakt herstellen können.

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Wann kein öffentliches Angebot vorliegt

Ein öffentliches Angebot kann ausgeschlossen werden

  • wenn sich das Angebot nur an qualifizierte Anleger richtet oder
  • pro EU-Mitgliedsstaat maximal 149 potenzielle Anleger angesprochen werden oder
  • die Mindestzeichnungssumme 100.000 Euro beträgt.

Es wird nicht von einem öffentlichen Angebot ausgegangen, da der angesprochene Personenkreis zu klein ist, um von der Öffentlichkeit als solches zu sprechen.

Häufige Fragen & Antworten

Es stellen sich nun viele konkrete Fragen für einen potenziellen Emittenten. Die wichtigsten sollen hier im Folgenden beantwortet werden:

Unter welchen konkreten Voraussetzungen brauche ich nun ein Wertpapierprospekt in Deutschland?

Wenn Sie in Deutschland nur Kapital zwischen € 100.000 und € 1.000.000 einwerben wollen, gibt es dazu keine gesetzliche Verpflichtung.

Ab € 1.000.000 bis € 8.000.000 ist ein Wertpapierinformationsblatt (WIB) dann ausreichend, wenn Sie die Wertpapiere über gesetzlich zugelassene Finanzanlagevertriebe und -berater emittieren. Platzieren Sie die Wertpapiere jedoch im Eigenvertrieb, dann benötigen Sie ein Wertpapierprospekt.

Was ist ein WIB und wann ist es ausreichend?

Während WIB bzw. Wertpapierinformationsblatt eine Bezeichnung der deutschen BaFin ist, kennt man das Dokument in anderen EU-Ländern unter entsprechend anderen Bezeichnungen. Gemäß EU-Definition fallen sie unter die Kategorie Key Information Documents for Packaged Retail and Insurance-Based Investment Products (PRIIP). 

Laienhaft und etwas flapsig ausgedrückt ist das WIB „der kleine Bruder“ des Wertpapierprospekts.

Ein WIB ist grundsätzlich dann zwingend zu erstellen, wenn man zwischen 100.000 Euro und 1 Million Euro an Kapital einwerben möchte oder Wertpapiere im Wert von maximal 8 Million Euro über einen regulierten Vertrieb emittiert. Ein WIP darf im Regelfall nicht länger als drei Seiten sein und muss mindestens die wesentlichen Informationen über die Wertpapiere, den Anbieter, den Emittenten und etwaige Garantiegeber in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise sowie in einer vorgegebenen Reihenfolge enthalten. Die genauen Anforderungen für ein Wertpapierinformationsblatt finden sich in §4 WpPG.

Die Veröffentlichung eines WIB darf, analog zum Prospekt, erst nach entsprechender Gestattung durch die BAFIN erfolgen (§3a Abs. 2 WpPG). Die BaFin hat dem Anbieter innerhalb von zehn Werktagen nach Eingang mitzuteilen, ob sie die Veröffentlichung gestattet. Dabei prüft sie lediglich auf Vollständigkeit und auf das Einhalten der Reihenfolge der erforderlichen Angaben, nicht aber auf inhaltliche Richtigkeit.

Die Erstellung des WIB durch einen Fachanwalt für Wertpapierrecht ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, ist aber nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit dringend zu empfehlen. 

Und wie sieht es in anderen EU-Ländern konkret aus?

Wie bereits erwähnt ist der grobe Rahmen derselbe, aber es gibt gewisse Unterschied im Detail:

Während die Grenze zur Prospektpflicht in Deutschland, Frankreich und Italien bei 8 Millionen Euro liegt, beträgt diese z.B. in Österreich 2, in Polen 2,5 und in den Niederlanden 5 Millionen Euro. 

Und während z.B. in Luxemburg die Prospektpflicht ebenfalls bei 8 Millionen Euro greift, ist dort ein WIB erst ab 5 Millionen Euro zwingend erforderlich. In Österreich dagegen gilt z.B. der Sonderfall, dass ein WIB nicht schon ab 100.000 Euro notwendig ist, sondern erst ab 250.000 Euro.

Das sind nicht die einzigen „Sonderfälle“, weswegen hier nochmals dringend empfohlen sei, sich rechtzeitig mit einem Wertpapier-Fachanwalt zu beraten.

Wer erstellt die Wertpapierprospekte?

Hierfür gibt es spezialisierte Kanzleien für Wertpapierprospektrecht. Diese erstellen Prospekte für Wertpapiere, Kapitalanlagen, Vermögensanlagen und Alternative Investmentfonds (AIF).

Hinzugezogen werden muss zudem auch ein Wirtschaftsprüfer, der die im Prospekt aufgelisteten Daten und Fakten bestätigt. Man bezeichnet diesen auch als „Reporting Accountant“ und sein Name wird im Prospekt genannt.

Wenn Sie einen Anwalt für Wertpapierprospektrecht benötigen, können wir Ihnen gerne Spezialisten in verschiedenen Ländern empfehlen, mit denen unsere Kanzlei gute Geschäftsbeziehungen pflegt.

Was kostet ein Wertpapierprospekt?

Gehen Sie von Kosten in Höhe von ca. € 100.000 aus. Unsere Kanzlei kann jedoch manchmal ein deutlich günstigeres Honorar mit dem Wertpapieranwalt aushandeln, wenn wir ihm zuarbeiten und so Teile der Prospekterstellung im Rahmen des Börsengangs für ihn übernehmen.

Handelt es sich nicht um eine Neuerstellung, sondern lediglich um eine Neuauflage, so wird dies natürlich deutlich weniger Kosten verursachen. Zumindest, sofern sich beim Emittenten nichts Grundlegendes geändert hat.

Wie lange dauert die Erstellung eines Wertpapierprospekts?

Der Zeitraum, der für die Erstellung und Genehmigung eines Wertpapierprospekts erforderlich ist, beträgt mindestens drei Monate.

Wie lange ist ein Wertpapierprospekt gültig?

Ab Genehmigung ist ein Wertpapierprospekt ein Jahr gültig.

Wir unsere Kanzlei Sie bei der Erstellung eines Wertpapierprospekts unterstützen kann

Während unsere Kanzlei nicht die nötige Zulassung in der EU hat, um einen Wertpapierprospekt zu erstellen, übernehmen wir gerne das Projekt-Management und die Gesamt-Koordination der Prospekterstellung im Rahmen eines Kapitalmarktprojektes.

Die Erfahrung zeigt, dass die Erstellung des Prospektes schneller und für Sie günstiger für Sie zum Abschluss gebracht werden kann, wenn dem von Ihnen mandatierten Rechtsanwalt von uns nach Bedarf zugearbeitet wird.

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