Zwischen Halbherzigkeit & Verweigerung:
Die USA und der automatische Informationsaustausch (AIA) im Zeitalter von FATCA und OECD CRS

Warum die USA nicht bei OECD CRS mitmachen und auch sonst wenig Interesse haben, Daten zu US-Konten mit ausländischen Steuerbehörden zu teilen

Die USA weigern sich als einziger wirtschaftlich bedeutender Staat am Datenaustausch gemäß OECD Common Reporting Standard („CRS“) teilzunehmen – mit der Begründung, dass die USA schließlich erst vor kurzem mit großem Aufwand FATCA eingeführt haben und die US-Banken nicht noch weiter belastet werden sollen. Außerdem würde man ja bereits unter FACTA US-Kontodaten von Nicht-US-Steuerzahlern an andere Länder übermitteln.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn auch im Rahmen ihres eigenen AIA-Standards Foreign Account Tax Compliance Act („FATCA“) gibt Amerika überhaupt keine bzw. nur begrenzte Informationen an Abkommensstaaten weiter.

Auf dieser Seite wollen wir die „gegenseitigen“ zwischenstaatlichen Abkommen (Inter-Governmental Agreement bzw. „IGA“) im Kontext des amerikanischen FATCA-Datenaustausches behandeln, bei denen die USA gemäß dem FATCA-Regelwerk eine Partei darstellen. Dabei werden wir zeigen, dass es an ebendieser Gegenseitigkeit mangelt: Die USA bekommen alles, ihre ausländischen IGA-Partner erhalten im Gegenzug so gut wie nichts.

Der Grund dafür ist schlicht der, dass die USA kein Interesse daran haben, ihren eigenen Finanzplatz durch zu viel Transparenz unattraktiv zu machen. Zwar will man US-Steuersünder um jeden Preis dingbar machen, ist aber hinsichtlich von Milliarden an ausländischem Kapital in den USA wenig motiviert, dieses durch allzu eifrige Unterstützung ausländischer Steuerbehörden zu gefährden.

Diese Zurückhaltung der USA bei der Weitergabe von Informationen erlaubt es nicht in den USA steuerpflichtigen Personen aus legitimen Gründen - wie etwa der Schutz der Privatsphäre (im Gegensatz zur Steuervermeidung) - sowohl FATCA als auch den OECS CRS Informationsaustausch legal zu umgehen.

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FATCA: Inhalt und Herausforderungen

FATCA war in seinem ursprünglichen Entwurf als Einbahnstraße geplant. Unter der FATCA-Gesetzgebung muss ein ausländisches (nicht-US-amerikanisches) Finanzinstitut („FFI“), zum Beispiel eine Bank, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten gegründet wurde und nur dort Geschäfte betreibt, von jeder US-Person, die Konten bei dieser Institution hat, bedeutende Mengen an Finanzinformationen an die US-Behörden bereitstellen.

Die Berichterstattung umfasst den Namen, die Adresse und die Steuernummer jedes US-Konteninhabers; die Kontonummer, der Kontostand und der Wert, die Bruttoeinnahmen und Bruttoentnahmen oder -einzahlungen des Kontos und weitere auf das Konto bezogene Informationen, die von der IRS angefordert werden.

Sollten die Institute diese Bestimmungen nicht befolgen, wird eine Quellensteuer von 30% auf alle Zahlungen aus US-amerikanischen Quellen einbehalten, einschließlich der Einnahmen aus Verkäufen von US-amerikanischen Aktien und Wertpapieren (somit wird die Institution von allen profitablen US-Investitionsmöglichkeiten ausgeschlossen). In der ursprünglichen FATCA-Version war ein reziproker Datenaustausch, der US-Banken verpflichtet, Daten an ausländische Behörden zu senden, nicht vorgesehen.

Während die FFIs extrem gewillt waren, die Informationen bereitzustellen, um die Quellensteuer von 30% zu vermeiden, hätten die meisten Institute damit gegen die Datenschutzgesetze ihrer Heimatländer verstoßen. Es wäre rechtswidrig, die oben genannten Kundeninformationen an einen Dritten weiterzugeben, auch wenn dieser Dritte die hochmächtige US-Regierung ist.

Und ein Verstoß gegen die Datenschutzgesetzte des Heimatlandes könnte bedeuten, dass die Institution sich in ihrem Ansässigkeitsstaat rechtswidrig verhält, was natürlich kein gangbarer Weg ist.

Aufgrund dessen war dieser einseitige FATCA-Ansatz nicht praktikabel und die USA mussten einen alternativen Plan ausarbeiten, konkret: Die US-Regierung musste die Regierungen der anderen Länder überzeugen, mitzuziehen und bei der Umsetzung von FATCA zu helfen. So wurden die IGAs geboren.

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Zwischenstaatliche Abkommen (IGAs): Modell 1 und Modell 2

Es gibt zwei grundlegende Arten von IGAs: Modell 1 und Modell 2.

FFIs, die in einem „Modell 1 IGA“-Abkommensstaat ansässig sind, werden die oben beschriebenen Kunden- und Kontoinformationen von US-Steuerzahlern zunächst an ihre eigene Regierung schicken, die diese dann wiederum zur IRS weiterleitet. Solch ein FFI gilt unter FATCA als gesetzeskonform und ist normalerweise nicht von der Quellensteuer von 30% betroffen.

FFIs, die in einer „Modell 2 IGA“ Jurisdiktion ansässig sind, müssen ein „FFI-Abkommen“ treffen und direkt an die IRS berichten.

Die mit Abstand größte Mehrheit der Länder hat Vereinbarungen gemäß Modell 1 IGA mit den USA geschlossen. Auf der Website der IRS können Sie eine vollständige Liste aller IGAs ansehen.

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Modell 1 IGAs: Auch hier zwei Varianten

Schaut man sich die Modell 1 IGAs genauer an, so stellt man fest, dass es zwei grundlegende Typen von IGAs gibt. Offiziell gibt es diese Unterscheidung zwar nicht, aber hier unterscheiden wir der Einfachheit halber die Varianten Modell 1A und das Modell 1B. Wie gesagt: Das ist nur unsere interne Klassifizierung – aus der Website der IRS mit einer Liste der IGAs ist auf den ersten Blick kein Unterschied festzustellen.

Modell 1A IGA

Ein Modell 1A IGA ermöglicht einen gegenseitigen Informationsaustausch zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Partnerregierung.

Dies bedeutet, dass es sich theoretisch um ein „Quid pro Quo“-Abkommen handelt: Die Vereinigten Staaten werden dem Partnerland (irgendwie) bestimmte (sehr limitierte) Informationen über die Konteninhaber dieses Landes bei US-amerikanischen Finanzinstituten bereitstellen und der unterzeichnende Partner wird den Vereinigten Staaten (Unmengen von) Informationen über US-amerikanische Kontoinhaber bei den Finanzinstituten dieses Landes bereitstellen.

Modell 1B IGA

Ein Modell 1B IGA ist nicht gegenseitig. Nur das unterzeichnende Partnerland wird den USA Informationen über die US-amerikanischen Kontoinhaber bei den Finanzinstitutionen dieses Landes schicken. Normalerweise benötigt das Land, welches das Modell 1B IGA unterschreibt, keine Informationen über finanzielle Konten von seinen Staatsbürgern oder Bewohnern, da das Land keine Einkommensteuer auferlegt oder nur über eine inländische Einkommensteuer verfügt.

Die Website des US-Finanzministeriums stellt keine Informationen bereit, ob ein Modell 1 IGA „gegenseitig“ ist. Um dies feststellen zu können, ist es erforderlich, sorgfältig das IGA des bestimmten Landes zu überprüfen.

Wie finde ich den Modell 1 IGA Typ für ein bestimmtes Land heraus?

Nehmen wir z.B. das Modell 1 IGA zwischen den USA und den VAE: Die Vereinigten Staaten und die Vereinigten Arabischen Emirate (die über keine Einkommensteuer verfügen) haben ein Modell 1B IGA (nicht gegenseitig) unterschrieben.

Dies wird deutlich, wenn man den Artikel 2 des IGA, das von den VAE unterschrieben wurde, näher betrachtet.

Dort wird ersichtlich: Das IGA mit den VAE folgt dem nicht gegenseitigen IGA Modell 1B für Länder, die über kein Steuerabkommen oder Abkommen zum Steuerinformationsaustausch mit den USA verfügen. Dies bedeutet, dass die VAE Informationen über US-amerikanische Kontoinhaber bei den VAE Finanzinstituten zur IRS schicken werden, aber dass die USA keine Informationen über VAE Kontoinhaber bei US-amerikanischen Finanzinstituten an die VAE schicken werden (da die VAE keine Einkommensteuer auferlegen, wird diese Information nicht für den Steuervollzug benötigt).

Im Vergleich dazu geht das IGA mit Deutschland in Artikel 2 auf die Informationen von US-Konten deutscher Steuerzahler ein, welche der deutsche Staat von den US-Behörden zu erhalten hat.

Selbst wer der englischen Sprache nicht sehr mächtig ist, kann die Unterschiede in der Struktur des Artikel 2 sofort identifizieren.

Konkret heißt dies: Die VAE und die USA haben ein IGA nach Modell 1B unterzeichnet, wonach die USA keine Daten an die VAE liefern müssen. Deutschland hingegen hat ein IGA nach Modell 1A mit den USA vereinbart und die USA senden entsprechende Daten nach Deutschland.

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So wurden Regierungen anderer Länder überredet, bei FATCA mitzumachen

Es erwies sich als nicht allzu schwierig, die Regierungen anderer Länder zu überzeugen, dem FATCA zuzustimmen. Die FFIs selbst waren bereit, FATCA zu befolgen, damit ihnen nicht der wichtige Zugang zu den US-amerikanischen Märkten verwehrt werden würde. Die Institutionen setzten ihre lokalen Regierungen unter Druck mitzumachen.

Die Regierungen der ausländischen Länder hatten auch einen Anreiz, schnell auf den FATCA Zug aufzuspringen. Wenn diese Länder nämlich Finanzinformationen über ihre eigenen Staatsbürger und Einwohner von den USA bekommen würden, hätten sie auf einmal Informationen zu nicht deklarierten Geldmitteln, die in Amerika versteckt waren.

Irgendwie mussten die Länder, die am Spiel um die Finanzinformationen beteiligt waren, die USA überzeugen, sich mit Informationen über finanzielle Konten von ihren Steuerzahlen bei den US-amerikanischen Finanzinstituten „zu revanchieren“.

Und genau so wurde das sogenannte „gegenseitige“ Modell 1 IGA ins Leben gerufen.

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Die großen Verlierer?

Tatsächlich aber sind die Länder, die ein „gegenseitiges“ Modell 1 IGA unterschrieben haben, die großen Verlierer: Banken in diesen Ländern müssen gigantische Datenmengen über US-Kontoinhaber an die IRS übermitteln, aber die Steuerbehörden im Abkommensstaat bekommen im Gegenzug ziemlich wenig aus Amerika. Denn die Daten, die die USA an ihre FATCA-Partnerländer übermitteln, sind stark beschränkt.

Einen Überblick zum Geldtransfer zwischen den USA und Deutschland finden Sie übrigens hier.

Tatsächlich sind nur folgende US-Konten vom AIA unter FACTA betroffen:

  • Bankkonten natürlicher Personen, die keine US-Steuerzahler sind;
  • US-Depots von natürlichen und juristischen Personen, die keine US-Steuerzahler sind, auf die US-Erträge fließen;

Die amerikanische Regierung stellt ihren „gegenseitigen“ FATCA Partnern jedoch keine Informationen über die folgenden Kontoarten, die bei US-amerikanischen Finanzinstitutionen gehalten werden, zur Verfügung:

  • US-Firmenkonten: US-Konten von US-Gesellschaften sind nicht vom AIA betroffen. Aber auch US-Konten ausländischer Unternehmen fallen nicht unter den AIA. Dies umfasst selbst Konten von Unternehmen, die in dem FATCA Partnerland ansässig sind.
  • Investment-Konten und Depots, egal ob von natürlichen Personen oder Organisationen, auch wenn diese in dem FATCA Partnerland ansässig sind, außer wenn auf diese Konten Einkommen aus US-Quellen fließt (z.B. US-Zinsen und Dividenden). Beispiel: das US-Depot eines Deutschen, in welchem sich deutsche Aktien befinden, ist nicht vom AIA nach FACTA betroffen. Das US-Depot eines Deutschen, in welchem sich US-Aktien befinden, ist vom AIA nach FATCA betroffen.

Außerdem werden die USA ihren FATCA-Partnern keine Informationen über die „kontrollierenden“ Personen von Organisationen, die Konten bei US-amerikanischen Finanzinstituten haben, bereitstellen. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Organisationen aus einem gegenseitigen Partnerland oder aus dritten Ländern stammen, auch wenn Bewohner des gegenseitigen Partnerlandes diese Organisationen beherrschen und sie kontrollieren.

Angesichts des Mangels an Informationen, welche die USA ihren „gegenseitigen“ IGA Partnern bereitstellen, ist es ziemlich offensichtlich, dass sich viele Nicht-US-Amerikaner trotz der viel gepriesenen „Gegenseitigkeit“ weiterhin ziemlich sicher fühlen, Konten bei US-amerikanischen Finanzinstitutionen zu unterhalten. Das könnte ein netter Boom für den US-amerikanischen Finanzmarkt in der mutigen neuen Welt der Finanztransparenz darstellen!

Hier erfahren Sie, welche Bundesstaaten bei ausländischen Investoren besonders beliebt sind und warum.

Alles Wichtige über die verschiedenen Möglichkeiten, Geld zwischen der USA und Deutschland zu überweisen erfahren Sie in diesem Blogartikel.

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