Kinderbetreuung in den USA, der fehlgeschlagene Build Better Back Act und eine mögliche Finanzierung über die Steuerbeiträge von Unternehmen
Die Pandemie hat dem bereits instabilen Sektor der Kinderbetreuung in den USA einen herben Schlag versetzt. Nie war es für Eltern schwieriger, einen geeigneten Kindergartenplatz zu bekommen. Wie sich die Krise auf die Wirtschaft auswirkt und welche Verbesserungsvorschläge im Raum stehen, erfahren Sie hier.
Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind überall zu spüren. In vielerlei Hinsicht hat sie Missstände offenbart, die es schon vorher gab, aber jetzt noch deutlicher zu Tage treten. In den USA betrifft dies unter anderem die unzureichende Kinderbetreuung, die Eltern im ganzen Land zu schaffen macht.
Einblicke in die Vergangenheit
Der Build Better Back Act, welcher von Joe Biden ins Leben gerufen wurde, könnte daran etwas ändern. Doch das vorgeschlagene Gesetzespaket, welches auch neue Regelungen zur Klima- und Energiepolitik beinhaltet, hat einen schweren Start. Das Land ist gespalten, was die sozialstaatliche Unterstützung angeht. Traditionelle Werte und die Angst vor einem sogenannten Nanny State (also allzu tiefe staatliche Eingriffe) bremsen diese aus. Interessanterweise stand das Land vor ungefähr 50 Jahren vor einer ähnlichen Entscheidung. 1971 verabschiedete der amerikanische Kongress einen umfassenden Gesetzentwurf zur Kinderbetreuung. Ähnlich wie beim Build Better Back Act sollten Beiträge damals dem Einkommen angepasst werden, um so eine staatlich geförderte Kinderbetreuung für Eltern im ganzen Land zu ermöglichen. Damals lehnte Präsident Nixon den Entwurf ab. Die heutige politische Lage ist ganz ähnlich. Gerade für Alleinerziehende hat dies gravierende Folgen. Denn sie sind mitunter die am stärksten Leidtragenden dieses Notstandes und stellen einen nicht zu unterschätzenden Teil der erwerbstätigen Bevölkerung dar.
Die Auswirkungen der Pandemie auf die Erziehungsbranche
Unter dem Ausbruch von Covid-19 und den immer wiederkehrenden Ausfällen und Schließungen aufgrund neuer Virusvarianten hat die Kinderbetreuung immens gelitten. Die Belegschaft in Kindergärten- und krippen hat über die Pandemie hinweg um weitere 11 % abgenommen und war bereits zuvor viel zu gering besetzt. Laut dem Demographic and Health Surveys-Programm nimmt die Anzahl der Berufseinsteiger im Bereich der frühkindlichen Betreuung stark ab. Die Pandemie hat diesen Trend weiter verstärkt. Denn geringe Entlohnung, lange Arbeitszeiten und großer Leistungsdruck machen den Erzieherberuf alles andere als attraktiv. Das Arbeitsentgelt entspricht weder dem Arbeitsaufkommen noch der beruflichen Verantwortung. Nicht ohne Grund ist das Personal in dieser Branche oft von Burnout betroffen. Am Beispiel des Bundesstaates Minnesota lässt sich dies erkennen. Im Jahr 2021 schlossen fast 500 Erziehungsstätten und damit gingen Plätze für über 10.000 Kinder verloren. Heute gibt es in Minnesota lediglich 6.700 Erziehungsstätten, also weniger als die Hälfte als im Jahr 2000.
Verluste von Arbeitskräften durch den Mangel an Kindergärten
Inzwischen wirken sich die enormen Kosten für Kindergartenplätze und die ständigen Personalausfälle aufgrund von Quarantäne-Regelungen auf die Erwerbsfähigkeit von betroffenen Eltern und somit letztendlich auf die Umsätze von Unternehmen aus. Für den Süßwarenhersteller Maud Borup ist die Vorweihnachtszeit die absolute Hochsaison. Jedoch litt das Unternehmen in Minnesota so sehr unter der Schließung von Erziehungsstätten, dass es zu massivem Arbeitskräftemangel kam. Als Konsequenz hatte die Firma Schwierigkeiten, Großabnehmer im Einzelhandel rechtzeitig zu beliefern. Um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, hat das Unternehmen beschlossen, eigene Kinderbetreuungseinrichtungen zu bauen.
Die amerikanische Handelskammer veröffentlichte zu dieser Problematik im Dezember einen Bericht, aus dem hervorgeht, wie hoch die damit zusammenhängenden finanziellen Verluste in den einzelnen Bundesstaaten sind. In Arizona bspw. belaufen sich diese auf 1,77 Milliarden US-Dollar jährlich.
Die verpasste Chance des Build Better Back Acts
Hier sollte eigentlich der Build Better Back Act Abhilfe schaffen. Joe Bidens Gesetzesvorschlag hat das Potenzial, den Alltag vieler amerikanischer Familien erheblich zu entlasten und das umgesetzte Bruttoeinkommen eines jeden Bundesstaates zu erhöhen. Wie der Entwurf von 1971 würde das neue Gesetz nach dem Prinzip des gestaffelten Tarifs funktionieren. Eltern, die weniger als 75 % des bundesstaatlichen Durchschnittseinkommen verdienen, müssten somit keine Beiträge zahlen. Für diejenigen, die 75 % bis 100 % des Durchschnittseinkommens erwirtschaften, gäbe es eine Obergrenze von 2 % ihres Einkommens – unabhängig von der Kinderzahl. Ab 100 % bis zu 125 % liegt der Beitrag bei 4 % und jeder Haushalt, der mehr als 250 % des Durchschnittseinkommens verdient, muss den vollen Beitrag zahlen. Allerdings stößt dieser Vorschlag im Kongress auch in den eigenen Reihen auf Ablehnung, etwa bei Joe Bidens Parteikollegen Joe Manchin. Der Build Better Back Act liegt momentan also auf Eis. Das Reformpaket stieß generell auf Ablehnung. Leider ist die Mehrheit der Partei im Kongress so knapp, dass Manchins Stimme entscheidend ist. Dieser machte seine Zweifel speziell im Punkt Kinderbetreuung deutlich. Er befürwortet niedrigere Obergrenzen, zudem sollen Erwerbslose keine Unterstützung bekommen.
Die Chancen der Finanzierung von Kindergärten durch die Besteuerung des Arbeitgebers
Mangelnde Kinderbetreuung und fehlende Arbeitskräfte bedeuten weniger Einnahmen für Staat und Wirtschaft. Unternehmen zahlen nichts, wenn es um die frühkindliche Betreuung geht, profitieren aber maximal von den Arbeitskräften. Um den Build Better Back Acts umzusetzen, liegt die Lösung vielleicht bei den Arbeitgebern selbst, indem diese zur Finanzierung beitragen. Denn das öffentliche Schulsystem für Kinder ab sechs Jahren finanziert sich bereits teilweise aus der Vermögenssteuer, welche amerikanische Unternehmen jährlich in das staatliche Steuersystem einzahlen. Warum sollte man dies also nicht auch auf die frühkindliche Erziehung anwenden? Das Congressional Budget Office schätzte die Kosten für die staatliche Unterstützung der Kinderbetreuung auf 752 Milliarden US-Dollar. Eine separat durchgeführte Untersuchung ergab, dass die Erhöhung der Steuerbeiträge von Unternehmen um 1 % die Einnahmen um 898 Milliarden US-Dollar erhöhen würde. Eine derartige Finanzierung wurde bereits im Bundesstaat New York erfolgreich eingeführt und könnte auch in anderen Gegenden dem Arbeitsausfall und den daraus resultierenden Kosten entgegenwirken.
Momentan befindet sich das Land hinsichtlich der Kinderbetreuung in einer Krise. Ob und wie der Build Better Back Act noch umgesetzt wird, lässt sich schwer zu sagen. Allerdings ist es für Unternehmer ratsam, sich darüber Gedanken zu machen, wie sie mögliche Kosten durch mangelnde Kinderbetreuung ausgleichen.
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