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Viele Europäer, die Amerika nicht kennen, gehen davon aus, dass die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung gar nicht oder nur unzureichend krankenversichert ist. Dies ist natürlich nicht der Fall. 82% der US-Bevölkerung waren auch schon vor Obamacare bestens medizinisch versorgt (seit Obamacare sind es 90%).
Die Mehrheit der US-Bevölkerung ist über den Arbeitgeber privat krankenversichert. Ehepartner und Kinder sind üblicherweise mitversichert. Personen ab 65 nutzen das staatliche Programm Medicare. Der Staat finanziert damit die medizinische Versorgung aller Senioren. Veteranen und ihre Familien haben kostenlosen Zugang zu einem separaten staatlichen Gesundheitssystem mit eigenen Ärzten und Krankenhäusern. Sozialhilfeempfänger sind über das staatliche Gesundheitsfürsorgeprogramm Medicaid abgesichert.
Das Elend der Unterversorgung und Obamacare
Freilich ist die medizinische Unterversorgung der nicht Krankenversicherten ein großes gesellschaftliches Problem, das zu Leid und Elend führt. Und nach europäischem Verständnis gibt es zu Recht die Erwartung, dass der Staat hier beschützend eingreifen muss. Die medizinische Versorgung in einem wohlhabenden Land sollte als ein Grundrecht für alle Bürger anerkannt werden - leider teilen viele US-Politiker diese Ansicht nichts.
Mit Obamacare wurde eine inzwischen wieder aufgeweichte Versicherungspflicht für alle US-Bürger eingeführt. Personen, die die Krankenversicherung nicht bezahlen können, erhalten nun staatliche Zuschüsse. Die Versicherungsunternehmen dürfen auch niemanden mehr aufgrund von Vorerkrankungen ausschließen. Obamacare soll somit jene US-Bürgern absichern, die keine Versicherung über den Arbeitgeber erhalten, noch nicht 65 sind und zu viel verdienen, um Medicaid nutzen zu können.
Aus meiner Sicht ist Obamacare nicht perfekt, aber ein wichtiger und ein mutiger Schritt in die richtige Richtung. Dass die Republikaner das Gesetz laufend torpedieren ist beispielhaft für die tiefe politische Kluft und Parteipolitik, die das politische Leben in den USA seit Jahren lähmen.
Obamacare hin oder her: Wenn Sie in die USA umziehen, werden Sie sehr umfassend krankenversichert sein und mit der überwältigenden Mehrheit der Amerikaner ein Gesundheitssystem nutzen können, dass an Komfort und Modernität seinesgleichen sucht.
Erfahrungsbericht zum US-Gesundheitssystem: Nachts um 22 Uhr in die Notaufnahme
Wie service-orientiert die medizinische Versorgung in den USA ist soll ein Erfahrungsbericht aus meiner Zeit in den USA verdeutlichen: In 2017 hatte meine damalige Freundin auf einmal ungewöhnlich starke Magenschmerzen. Als diese auch spät abends nicht besser wurden, beschloss ich, sie in die Notaufnahme eines nahe gelegenen Krankenhauses zu fahren. Meine Freundin war, wie in den USA üblich, über den Arbeitgeber versichert.
10 Minuten nach Ankunft in der Notaufnahme war sie dann bereits im Behandlungszimmer. Nach weiteren 10 Minuten kam der Arzt und verabreichte ihr erstmals eine Opium-Spritze gegen die Schmerzen.
Dann ging es im schnellen Takt weiter: Von Ultraschall, bis Computertomografie und Röntgen wurde meine Freundin in den nächsten eineinhalb Stunden komplett durchgecheckt. Herauskam - nichts. Es waren tatsächlich nur Magenschmerzen.
Meine Freundin musste übrigens im Krankenhaus gar nichts bezahlen. Das Krankenhaus rechnete direkt mit der Krankenversicherung ab.
An obigem Beispiel wird auch das Problem des amerikanischen Gesundheitswesen deutlich: Die Behandlung artet schnell in den totalen Overkill aus und es werden medizinische Maßnahmen angeordnet, die augenscheinlich absolut unnötig und ineffizient sind.
Wie so oft in Amerika geht auch beim Gesundheitssystem ums Business und ums Geldverdienen. Gesundheit ist in den USA ein Geschäft und nicht Caritas. Kein Land gibt pro Kopf mehr für Gesundheit aus, als die USA. Entfallen beispielsweise in Deutschland 11% des Bruttoinlandsprodukts auf Ausgaben im Gesundheitswesen, sind es in den USA 17%.
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Gute Versorgung, steigende Prämien
Aber man muss anerkennen, dass auch den meisten Normalbürgern in den USA hervorragende medizinische Behandlung zur Verfügung steht. Dies gilt insbesondere für den Zugang zu den neuesten Medikamenten (z.B. in der Krebsbehandlung), die oftmals in Europa von den Kassen gar nicht bezahlt werden.
Natürlich hat das System seinen Preis und die Prämien zur Krankenversicherung werden immer teurer. In 2017 betrug die monatliche Prämie für die Krankenversicherung für mich und meine Kinder $1,600 im Monat. Der Selbstbehalt für die Krankenhaus-Behandlung betrug pro Familienmitglied $3,000/Jahr ($7,500 für die ganze Familie maximal). Bei jedem Hausarztbesuch war eine Praxisprämie von $40 fällig. Aber das war meine konkrete Police. Freilich gibt es zahllose Variationen und Optionen hinsichtlich Versicherungsgesellschaften und verfügbaren Policen. Als Grundsatz gilt dabei: Je höher die Prämie, desto geringer die Zuzahlungen.
Aber der Punkt ist eben der: Wenn Sie einigermaßen gut verdienen (und nur dann würden Sie ja in die USA umziehen), sind auch solche Versicherungsprämien absolut hinnehmbar und finanzierbar. Außerdem würden Sie die Police ohnehin über Ihren US-Betrieb laufen lassen und somit die Kosten als Betriebsausgaben absetzen. Mehr Informationen und eine detaillierte Übersicht zur US-Krankenversicherung finden Sie hier. Die wichtigsten Begriffe und Informationen rund um die US-Krankenversicherung finden Sie hier.